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Zulassungsverfahren für chemische Stoffe

Das Zulassungsverfahren für chemische Stoffe ist in Titel VII der REACH-Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 geregelt und muss unterschieden werden von der Registrierung von Stoffen nach Titel II der Verordnung.

Die Zulassung ist für so genannte besonders besorgniserregende Stoffe (substances of very high concern, SVHC) vorgesehen. Diese Stoffe werden zunächst in die Kandidatenliste und dann in den Anhang XIV der Verordnung aufgenommen. Nach Aufnahme in diesen Anhang unterliegen sie der Zulassungspflicht, d. h. diese Stoffe dürfen nur dann zur Verwendung in Verkehr gebracht und verwendet werden, wenn sie für die jeweilige Verwendung zugelassen wurden. Dabei gelten besondere Termine und Antragsfristen.

Zur Aufnahme in den Anhang XIV durchlaufen die Stoffe folgenden mehrstufigen Prozess:

1. Identifizierung als SVHC-Stoff

Kriterien für Stoffe mit besonders besorgniserregenden Eigenschaften, die in Anhang XIV aufgenommen werden können, sind in Artikel 57 beschrieben. Dazu gehören:

  • Stoffe, die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 als krebserzeugend oder erbgutverändernd oder fortpflanzungsgefährdend der Kategorien 1A oder 1B einzustufen sind (CMR-Stoffe)
  • Stoffe, die nach den Kriterien des Anhangs XIII der REACH-Verordnung persistent und bioakkumulierbar und toxisch sind (PBT-Stoffe)
  • Stoffe, die nach den Kriterien des Anhangs XIII der REACH-Verordnung sehr persistent und sehr bioakkumulierbar sind (vPvB-Stoffe)
  • Stoffe, die nach wissenschaftlichen Erkenntnissen wahrscheinlich schwerwiegende Wirkungen auf die menschliche Gesundheit oder auf die Umwelt haben, die aber nicht den oben genannten Gruppen zugeordnet werden können – z. B. endokrin wirksame Stoffe.

Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie die EU-Kommission (vertreten durch die ECHA) sind aufgrund des Rechtstextes aufgefordert, solche Stoffe zu identifizieren und einen Vorschlag in Form eines Stoffdossiers nach Anhang XV bei der ECHA einzureichen.

2. Aufnahme des Stoffes in die Kandidatenliste

Die von den Mitgliedstaaten und der Kommission vorgeschlagenen Stoffe werden nicht direkt in den Anhang XIV, sondern zunächst in eine sogenannte Kandidatenliste aufgenommen. Das Verfahren zur Aufnahme in die Kandidatenliste ist in Artikel 59 der Verordnung beschrieben:

Nach Eingang der Vorschläge gibt es zunächst ein öffentliches Konsultationsverfahren. Zu diesem Zweck veröffentlicht die Agentur das Dossier zu dem jeweils vorgeschlagenen Stoff auf ihrer Internetseite und fordert interessierte Kreise auf, innerhalb einer gesetzten Frist wissenschaftliche Kommentare zu dem Vorschlag abzugeben. Die öffentliche Kommentierung im Konsultationsverfahren ist jeweils über ein Online-Formular möglich.

Werden für einen Stoff keine Kommentare abgegeben, so wird er ohne ein weiteres Abstimmungsverfahren in die Kandidatenliste aufgenommen.

Gehen für einen Stoff Kommentare bei der Agentur ein, so übergibt die Agentur diese zusammen mit dem Dossier an den Ausschuss der Mitgliedstaaten (MSC). Der MSC prüft nun das Dossier und die Kommentare und entscheidet, ob der Stoff in die Kandidatenliste aufgenommen wird oder nicht. Kann der Ausschuss keine Einigung erzielen, wird die Entscheidung zu diesem Stoff im Komitologieverfahren nach Artikel 133 getroffen.

Die Kandidatenliste wird von der Agentur auf ihrer Internetseite in englischer Sprache veröffentlicht und fortlaufend aktualisiert.

3. Priorisierung der Stoffe der Kandidatenliste

Stoffe der Kandidatenliste können in den Anhang XIV aufgenommen werden. Das Verfahren zur Aufnahme in den Anhang XIV ist in Artikel 58 geregelt:

Prioritär zu behandelnde Stoffe sind danach solche mit

a) PBT- oder vPvB-Eigenschaften oder

b) weit verbreiteter Verwendung oder

c) großen Mengen

Die Agentur erstellt unter Mitarbeit des MSC eine Auswahl von Stoffen aus der Kandidatenliste, die prioritär in den Anhang XIV aufgenommen werden sollen, und gibt dies als Empfehlung an die EU-Kommission. Vor der Übermittlung wird der Entwurf dieser Empfehlung auf der Internetseite der Agentur veröffentlicht und interessierte Kreise sind wiederum aufgefordert, innerhalb einer Frist von 3 Monaten in einem öffentlichen Konsultationsverfahren Kommentare insbesondere zur Verwendung der Stoffe abzugeben. Kommentare mit Bezug zur Verwendung der Stoffe können sich zum Beispiel auf die Angabe „Ausgenommene Verwendungen oder Verwendungskategorien“ der Stoffe im Anhang XIV auswirken.

Unter Berücksichtigung der im Konsultationsverfahren eingegangenen Kommentare aktualisiert die Agentur ggf. ihre Empfehlung.

Die Agentur ist verpflichtet, mindestens alle zwei Jahre eine Empfehlung für in den Anhang XIV aufzunehmende Stoffe abzugeben.

4. Aufnahme von Stoffen in Anhang XIV

Die Entscheidung über die Aufnahme von Stoffen in den Anhang XIV wird im Komitologieverfahren nach Artikel 133 getroffen.

Nach Aufnahme in diesen Anhang unterliegen sie nach einer dort ebenfalls festgeschriebenen Übergangszeit der Zulassungspflicht, d. h. diese Stoffe dürfen erst in den Verkehr gebracht und verwendet werden, wenn sie für die jeweilige Verwendung zugelassen wurden.

Ein in den Anhang XIV aufgenommener Stoff soll nachfolgend nicht mehr neuen Beschränkungen (Verfahren nach Titel VIII) unterworfen werden, es sei denn es ergeben sich Risiken für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt, die sich aus dem Vorhandensein des Stoffes in Erzeugnissen ergeben.

Die ersten sechs zulassungspflichtigen Stoffe wurden mit der Verordnung (EU) Nr. 143/2011 in den Anhang XIV der REACH-Verordnung aufgenommen und zum 17. Februar 2011 veröffentlicht. Seitdem wird der Anhang XIV fortlaufend erweitert. Den aktuellen Anhang XIV finden Sie hier.